Dreams in a Cloudy Space

Teil #2 der choreographischen Serie BODIES OF CAPITALISM

In unserer kapitalistisch geprägten Gesellschaft definieren wir alte Körper vorwiegend über ihr Defizit, darüber, was sie NICHT mehr können und NICHT mehr sind. Wie kann man jedoch alten Körpern begegnen und sie wahrnehmen jenseits von dem, was sie nicht mehr leisten? Aufbauend auf einer Recherche in verschiedenen Altenheimen und Seniorentreffs in Köln und Hamburg beschäftigt sich Antje Velsingers Choreographie „dreams in a cloudy space“ mit körperlichen Qualitäten jenseits von Effizienz. In einer poetischen Komposition aus Video- und Soundfragmenten, Objekten und den Körpern einer 35-jährigen und einer 75-jährigen Tänzerin entsteht eine Choreographie, in der Grenzen unscharf werden: zwischen Aktivität und Passivität, Isolation und Rückzug, Freude und Resignation. „dreams in a cloudy space“ ist ein Verstärker für die Stimmen, die wir sonst nicht hören, und eine Suche danach, mit welcher Haltung wir altern können.

Presse

Und dann gibt es Antje Velsinger mit „Dreams in a Cloudy Space“, einer zarten, sensiblen Arbeit über das Altern und die Beweglichkeit des Körpers. Auf der steril-weißen Bühne treffen sich eine alte und eine junge Tänzerin, 35 und 75 Jahre alt, stützen, ringen, helfen, spielen und springen mit dem Rollator. Auf dem Video erscheinen alte Damen im Rollstuhl mit Glitzerblusen und rosa Perücken. „Kann ich mir nicht mehr so gut anhören, diese ganze Tüchtigkeit. Weil ich weiß, ich kann es nicht mitmachen“, sagt eine. Wochenlang hat die Choreografin Antje Velsinger Interviews mit alten Damen geführt, über die Zukunft, die gefühlte Zerbrechlichkeit des Lebens und der Körper. Sichtlich Spaß haben die Damen an ihrer Selbstinszenierung vor der Kamera – in Zeiten von Corona-Kontaktsperren erscheint das schon als ein politischer Akt. Und zugleich als ungemein kluger Kommentar auf eine Gesellschaft, in der selbst das Altwerden zu einem neoliberalen Konkurrenzkampf wird. Am Ende ist das Verschwistern über alle Altersgrenzen hinweg eine tröstliche Utopie und löst sich auf im gemeinsamen Lachen – denn schließlich sind wir ja alle gefangen im gleichen Lebenskreislauf.

Dorothea Marcus, Deutschlandfunk Kultur 19.09.2020

In „Dreams in a cloudy space“ rückt Antje Velsinger die Grazie der Vergänglichkeit in den Fokus. (…) Haltung ist die Währung zwischen den Generationen, wie diese sensible Produktion in ihren zarten Zwischentönen zeigt. So öffnet „Dreams in a cloudy space“ einen wachen Blick für menschliche Begegnungen, die üblicherweise nicht im Scheinwerferlicht der Bühne vorkommen. Eine wichtige Aufgabe der Tanzkunst, da sich in der Bewegung auch immer die Sehnsucht nach Veränderung artikuliert, selbst dann, wenn nur noch wenig Zukunft bleibt. Antje Velsinger gibt einen fruchtbaren Anstoß, die körperliche Ausdruckskraft alter Menschen für die Tanzkunst zu gewinnen. Ein Projekt, das nach Fortsetzung verlangt.

Thomas Linden, Kölnische Rundschau, Dezember 2019

Man ist gerührt, erinnert einen Kindergeburtstag, bei dem die Eltern tunlichst auf alles achten, was den Rahmen sprengen könnte. Sonst wird das Thema, Tanz und Alter, ja liebend gern als Huldigung verstanden. Bei Velsinger sieht man: Alte sind Anarchisten. Je mehr die zwischen Köln und Hamburg pendelnde Choreografin in ihrer Tanz- und Videoperformance «dreams in a cloudy space» den Spielraum beschränkt, desto freier wirken die Akteure.

Arndt Wesemann, Tanz Magazin, Februar 2020

Trailer

Credits

Künstlerische Leitung & Choreographie: Antje Velsinger * Tanz: Pauline Payen & Brigitta Schirdewahn * Performance Video: Marlies Dietrich, Inge Jost & Antje Velsinger * Bühne: Sophie Aigner * Video: Ayla Pierrot Arendt * Sound: Julia Krause * Kostüm: Valentina Primavera * Dramaturgie: Heike Bröckerhoff * Licht: Henning Eggers * Produktionsleitung: Sabina Stücker

Eine Produktion von Antje Velsinger in Koproduktion mit dem tanzhaus nrw Düsseldorf. Gefördert von: Freie und Hansestadt Hamburg | Behörde für Kultur und Medien, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste, Fonds darstellende Künste, Kunststiftung NRW. Mit Unterstützung von: tanzfaktur Köln, Lichthoftheater Hamburg, Altenzentrum Deckstein-Clarenbachwerk Köln, Seniorenhaus Heilige Drei Könige Köln, DRK Seniorentreff Haus Ottensen Hamburg

Gefördert durch: